Ueli Keller

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im Gespräch mit Nicole Soland, PS 4.4.13

4.4.13 · Keine Kommentare

Der Reiz der grossen Fussstapfen

Wenn Andi Hoppler Ende Juni nach 22 Jahren als PWG-Präsident zurücktritt (vgl. P.S. vom 14. März), übergibt er seiner Nachfolge einen gut laufenden Laden. Trotzdem spricht der Architekt Ueli Keller, der als eines von sechs SP-Mitgliedern im 19-köpfigen Stiftungsrat sitzt, von der «Herausforderung», in seine Fussstapfen zu treten: Warum er PWG-Präsident werden möchte, erklärt Ueli Keller im Gespräch mit Nicole Soland.

P.S.: In den Stiftungsrat der «Stiftung zur Erhaltung von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen der Stadt Zürich», der PWG, wurden Sie im Jahr 1994 gewählt: Sind bald 20 Jahre nicht genug?
Ueli Keller: Mit noch nicht mal 20 Jahren bin ich im Stiftungsrat in guter Gesellschaft; die meisten Mitglieder sind ähnlich lange dabei. 2010, anlässlich der letzten Wahlen, verlangte unsere Gemeinderatsfraktion eine Verjüngung, doch grundsätzlich ist die Amtsdauer kein Thema.

Sie könnten einfach nächstes Jahr bei den Wahlen nochmals antreten, aber Sie wollen Präsident werden: Warum?
Die Stiftung PWG ist, wesentlich geprägt durch Andi Hoppler, seit 1990 von 50 auf 500 Millionen Franken Anlagen in Wohn- und Gewerberaum gewachsen und steht als gutgeführtes und grundsolides Unternehmen da – das alleine ist schon Grund genug, mich zu bewerben. Darüber hinaus gibt es grosse Erwartungen der Öffentlichkeit an den gemeinnützigen Wohnungsbau und damit auch an die Stiftung PWG, die neue Überlegungen und Vorgehensweisen bedingen.

Auch als gewöhnlicher Stiftungsrat könnten Sie dazu beitragen, dass neue Vorgehensweisen gefunden werden.
Sicher – aber ich freue mich schon darauf, noch mehr machen, noch mehr mitgestalten zu können.

Was bringen Sie für diesen anspruchsvollen Job mit?
Seit Ende der siebziger Jahre bin ich diesem Umfeld tätig, das Andi Hoppler im P.S.-Interview vom 14. März beschrieben hat: Auch ich habe mit anderen zusammen eine Hausgenossenschaft gegründet. Damals war es praktisch nicht möglich, als WG in einer traditionellen Baugenossenschaft unterzukommen. Dann haben wir zusammen mit anderen Hausgenossenschaften und der Wogeno den Abstimmungskampf für die Stiftung PWG geführt und gewonnen. Seit 1994 bin ich Mitglied des Stiftungsrats und kenne die Geschäfte gründlich.

Und wo sammelten Sie sonst noch Erfahrungen?
Daneben war ich seit Ende der 90er-Jahre im Vorstand von «wohnbaugenossenschaften zürich» (früher SVW Zürich), und seit deren Gründung im Jahr 2007 bin ich im Vorstand der Baugenossenschaft «mehr als wohnen». Ich kenne also alle Facetten des gemeinnützigen Wohnungbaus von sehr verschiedenen Seiten – und bin überzeugt, dass es gerade heute noch mehr davon braucht. Trotzdem wird es nicht einfach sein, die Qualitäten des Vorgängers zu übertreffen–- nur schon sein ‚äusseres Format‘ werde ich nicht so schnell erreichen… Aber ich setze auf meine inneren Werte.

Die da wären?
Begeisterung, Erfahrung, Ideen – und Verlässlichkeit.

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Ueli Keller, Mitglied des Stiftungsrates der PWG seit 1994, möchte deren Präsident werden.
Foto: Luca Zanier

Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger?
Mit dem neuen Grundsatzartikel in der Gemeindeordnung, der einen Anteil der gemeinnützigen Wohnungen von einem Drittel anstrebt, braucht es unter anderem mehr Wachstum – der Anteil beträgt ja heute erst einen Viertel. Was sich da für Ziele anbieten, nenne ich sicher nicht öffentlich: Das macht man nur, wenn man noch mehr Konkurrenz und noch höhere Preise provozieren will…

Ein bisschen konkreter gehts nicht?
Ein bereits öffentliches Ärgernis darf genannt werden: Es ist wieder einmal zu prüfen, was sich eigentlich betreffend Rückgabe von zweckenfremdetem Wohnraum rund ums Hochschulquartier, von Liegenschaften beispielsweise, welche die Zürcher Hochschule der Künste und die Pädagogische Hochschule genutzt haben, so tut.

Wie sinnvoll finden Sie die neue Beratungsstelle «aproprio» für MieterInnen, die ‚ihr‘ Haus kaufen möchten?
Die Beratungsaktivitäten von «aproprio» sind ein Schritt in die richtige Richtung, um Wohnraum dem Preisdruck des Marktes zu entziehen. Es ist sorgfältig zu prüfen, was das bringt und wie es gegebenenfalls noch verbessert werden kann.

Am Alltagsgeschäft der PWG gibts also nichts zu schräubeln?
Das läuft gut, aber auch hier muss man natürlich dranbleiben: Es gilt nicht zuletzt, das im bisherigen regelmässigen und erfolgreichen Tagesgeschäft entstandene Beziehungsnetz weiter sorgfältig zu pflegen und auszubauen.

Welche Schwierigkeiten sehen Sie auf den neuen Präsidenten zukommen?
Eine ist sicher, dass immer mehr Akteure aus dem Umfeld des gemeinnützigen Wohnungsbaus im gleichen Teich fischen: Neu ist ja eine weitere städtische Stiftung, jene für «bezahlbar und ökologisch Wohnen», dazugekommen. Da braucht es sicher einen guten Austausch, damit man sich nicht unnötig in die Quere kommt und am gleichen Ort Aquisitionsaufwand betreibt, der sich dann nicht lohnt.

Hat die PWG aktuell gerade mit diesem Thema zu tun?
Welches Objekt oder welche Objekte wir möglicherweise gerade ins Auge fassen, kann ich natürlich nicht öffentlich anmelden. Aber eine der Aufgaben des neuen Präsidenten wird es sein, eine Strategie zu entwerfen, dank derer wir mehr Häuser kaufen können.

Eine Strategie ist sicher nicht schlecht – aber im Moment ist kaufen ein teurer Spass: Woher soll das nötige Kleingeld kommen?
Neue Mittel der öffentlichen Hand sind immer wieder ein Thema, aber von mir aus könnte man gerne auch versuchen private Mittel zu beschaffen.

Was soll für Private daran interessant sein, Geld für die Beschaffung von gemeinnützigem Wohnraum locker zu machen?
Moment: Wir suchen keine SponsorInnen. Aber wenn man es intelligent macht, dann kann man in der heutigen Zeit sicher Leute finden, die ihr Geld für einen gut erkennbaren und einwandfreien Zweck einsetzen wollen, als auf irgendeinem Bankkonto irgendwas ,arbeiten‘ zu lassen. Und dafür bekämen sie erst noch mehr Zins als bei der Bank. Bleibt bei der Finanzierung hingegen alles beim alten, dann können wir weiterhin zehn bis zwanzig Millionen Franken pro Jahr investieren, mehr nicht.

Wie viel der Idee mit der privaten Fianzierung ist der verschärften Konkurrenz geduldet – oder hat Ihnen das Ja zur Volksinitiative fürs bezahlbare und ökologische Wohnen gar kein Bauchweh gemacht?
Die neue Stiftung ist insofern zu begrüssen, als dass damit der Einsatz für mehr gemeinnützigen Wohnraum neuen Schub erhält. Allerdings ist es natürlich so, dass sich die PWG bereits seit über 20 Jahren für bezahlbare und energiesparende Bauten einsetzt. Als wir seinerzeit zusammen mit den Genossenschaften dazu eingeladen wurden, zur neuen Idee Stellung zu nehmen, hielten wir denn auch fest, die Idee sei gut, aber eine neue Stiftung erscheine uns nicht zwingend nötig: Man hätte das Geld mit einem konkreten Leistungaauftrag auch einfach der PWG geben können.

Wo sehen Sie weitere Herausforderungen, denen sich der neue Präsident stellen muss?
Eine Herausforderung ist der ökologische Umbau, das Ziel der 2000-Watt-Gesellschaft. Noch geht leider die Rechung nicht auf, dass das Geld für die bisherigen Heizkosten ausreichen würde, um Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu finanzieren. Das geht allen Hauseigentümern so. Drum könnte ich mir vorstellen, dass die Stadt Finanzierungsmöglichkeiten schafft, auch mit privaten Geldern, die eine sinnvolle Anlagemöglichkeit suchen.

Gegen das Problem, dass heute für ‚gewöhnliche‘ Häuser so viel verlangt wird wie vor zehn Jahren nur für Luxusvillen, hilft das allerdings auch nicht…
Um dem die Spitze zu brechen, gäbe es ein relativ einfaches politisches Mittel: Man müsste den Immobilienhandel dem Geldwäschereigesetz unterstellen und damit Transparenz über die Finanzierungsquellen herstellen. Bislang haben sich PolitikerInnen, die dies fordern, leider noch nicht durchsetzen können.

Ein immer wichtigeres Thema ist das Verdichten: Wie würden Sie es als PWG-Präsident damit halten?
Wir haben Ausnützungsreserven auf eigenen Grundstücken. Zur Zeit laufen Projekte in unterschiedlichem Entwicklungsstand an der Sihlweidstrasse, am Waldmeisterweg, an der Saumackerstrasse. Sicher gibt es auch noch an anderen Orten Verdichtungspotenzial, vor allem auch, wenn es gelingt, gemeinsam mit der Nachbarschaft zu guten Lösungen zu kommen. Hier müssen wir dranbleiben.

Die Stadt, aber auch der Kanton haben sich die «Siedlungsverdichtung nach innen» auf die Fahnen geschrieben – da dürfte das doch nicht allzu schwierig sein?
Ich bin gespannt darauf, was dabei herausschauen wird; doch der Kanton hat fünf Jahre Zeit, um diesen Passus im revidierten Raumplanungsgesetz, wie auch die „Förderung der Verfügbarkeit von Bauland“ zu konkretisieren. Wird nichts festgelegt, was mit den Meliorationsvorgaben in der Landwirtschaft vergleichbar ist, dann können wir weiterhin nur darauf hoffen, dass die Verdichtungswilligen nette Nachbarn haben…

Wie meinen Sie das?
Der Grenzbau ist ein häufiger Streitpunkt: Die Abstände zu den Nachbarhäusern werden zu klein, womit man darauf angewiesen ist, dass einem diese das Näherbaurecht gewähren. Oder ein kleines Mehrfamilienhaus wird saniert und aufgestockt, womit es neu mehr als 20 Wohnungen hat. Das aber bedeutet, dass eine Erschliessung nur durch einen 3,5 Meter breiten Weg nicht mehr genügt, sondern dass es eine 6 Meter breite Strasse braucht. Und das gleich gilt auch für die Abstände, vom Weg genügt 3.5 Meter, von der Strasse braucht es 6 Meter

Aber 3,5 Meter sind doch bereits ziemlich breit?
Selbstverständlich würden 3,5 Meter genügen. Aber solange es diese kantonalen ,Zugangangsnormalien‘ gibt, werden sie auch angewendet. Eine Genossenschaft hat es kürzlich erlebt, dass ein bereits weit fortgeschrittenes Projekt, dem der Kreisarchitekt bereits das OK gegeben hatte – von einem Nachbarn mit Hinweis auf die Zugangsnormalien verhindert werden konnte. Damit war das Projekt leider gestorben.

Wo werden der PWG sonst noch Steine in den Weg gelegt?
Ein unerfreuliches Thema sind die Folgen des öffentlichen Submissionsrechts, dem die Stiftung PWG untersteht. Einerseits gibt es eine rechte Menge bürokratischer und unproduktiver Arbeit zu bewältigen und bremsende Fristen einzuhalten. Und andererseits dominiert meistens der Preiswettbewerb die Arbeitsvergabe, auch wenn zum Voraus bekannt ist, dass es unglaublichen Aufwand der Bauherrschaft brauchen wird, um den Billigsten innert brauchbarer Zeit zu einem akkzeptablen Arbeitsresultat zu zwingen. Freude bei der Arbeit sieht anders aus.

Trotzdem wollen Sie sich diese Arbeit auch in Zukunft antun: Auch dann, wenn der Gemeinderat an seiner Sitzung vom 26. Juni nicht Sie zum Präsidenten wählt?
Jede Arbeit hat auch unerfreuliche Seiten – wenn ich jene bei der PWG nicht akzeptieren könnte, wäre ich nicht seit bald 20 Jahren im Stiftungsrat. Aktuell bin ich bis 2014 als Stiftungsrat gewählt, und solange übe ich dieses Amt auch aus, falls ich nicht zum Präsidenten gewählt werde; wie es danach weiterginge, würde ich mir zu gegebener Zeit überlegen.

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